Albtraum Urlaub: Rechte bei Reisemängeln
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Veröffentlicht: 16.02.2016
Aktualisiert: 17.02.2016

Albtraum Urlaub: Rechte bei Reisemängeln

Voller Vorfreude auf die kommenden Wochen purer Erholung, starten wir in unseren wohlverdienten Urlaub und glauben, dem Paradies ganz nah zu sein, bis wir an unserem tatsächlichen Urlaubsort ankommen. Wie weggeblasen scheinen die Vorstellungen von Palmen, kristallblauen Wasser und weißem Sandstrand. Stattdessen finden wir eine von Dreck und Lärm geprägte Umgebung vor, die keinerlei Urlaubsfeeling hochkommen lässt. Damit der Urlaub nicht bereits zu Anfang zum Fiasko wird, erläutern wir anhand von Beispielen, die Rechtslage bei vorliegenden Mängeln.

Mängel müssen rechtzeitig angezeigt werden

Stellen Urlauber nach Ankunft am Urlaubsort, gravierende Mängel ihrer Unterkunft fest, müssen sie diese noch im Urlaub zur Anzeige bringen. Nur so können sie ihren Anspruch auf Minderung des Reisepreises erwirken. Nach eingereichter Mängelrüge ist der Reiseleiter dazu verpflichtet, die vorliegenden Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Sind die Mängel selbst nach gesetzter Nachfrist noch vorhanden, können Urlauber ihr Recht auf Reisepreisminderung durchsetzen. Wie hoch die jeweilige Minderung ausfällt, verrät die Reisemängelliste des ADAC:

Mangel Minderung
Vorverlegung des Rückflugs um einen Tag, sodass die Nachtruhe entfällt 150 Prozent des Tagesreisepreises
Ankunft erst am zweiten bzw. dritten Reisetag 100 Prozent de Tagesreisepreises pro ausgefallenem Urlaubstag
Rückflug ein bis drei Tage später 100 Prozent des Tagesreisepreises je verlängertem Tag
Gepäckauslieferung vier Tage nach Ankunft am Urlaubsort 35 Prozent des Tagesreisepreises
Hotel nicht fertig: Baulärm, Restaurants geschlossen, Essen in der Strandbar, Pools nicht fertig, Bauschutt am Strand 75 Prozent des Reisepreises
Das Hotel befindet sich noch im Bau in allen Bereichen – auch am Strand, Baulärm von 7-18 Uhr 50 Prozent des Reisepreises
Offene, ungesicherte Stromkabel im Hotelgebäude 5 Prozent des Reisepreises
Unterkunft auf einem Tauchboot statt einem Hotel auf einer Malediveninsel 100 Prozent des Reisepreises
Ersatzhotel verfügt über keinen Badestrand, obwohl ein Strandhotel gebucht war 60 Prozent des Reisepreises
Unterbringung in einer Jugendherberge statt eines Hotels oder eines Appartments 20 Prozent des Reisepreises
Umzug in ein anderes Hotel 50-100 Prozent des Tagesreisepreises für den Umzugstag
zu kleines Zimmer 20 Prozent
Verschmutztes Gemeinschaftsbad und-toilette statt separatem Badezimmer 100 Prozent des Tagesreisepreises pro betroffenem Urlaubstag
Fehlendes Warmwasser 5 Prozent des Tagesreisepreises pro betroffenem Urlaubstag
weiche und durchgelegene Hotelmatratzen, die zu erheblichen Rückenschmerzen führen 25 Prozent des Reisepreises
Defekte Toilette 15 Prozent des Tagesreisepreises pro betroffenem Urlaubstag
Zerschlissene Möbelstücke, klappriges Bett 5 Prozent des Reisepreises
Verdreckes, mit Ameisen befallenes Zimmer 30 Prozent des Ragesreisepreises pro betroffenem Urlaubstag
Zimmer nicht gereinigt am Ankunftstag 15 Prozent des Tagesreisepreises
Schmutzige bzw. nicht vorhandene Bettwäsche 10 Prozent
Klimaanlage funktioniert nicht oder ist nicht eingeschaltet bei hohen Temperaturwerten 15-20 Prozent des Reisepreises

Mängel im Hotel

Eine harte Matratze oder umherkriechende Ameisen stellen noch lang keinen Reisemangel dar. Dafür aber Schimmel oder Baustellen. Bietet das Hotel deutlich weniger, als im Reiseprospekt angepriesen, ist das ein Fall für die Gerichte:

Schadensersatz wegen verdorbenem Hotelessen

Eine Mutter verbrachte mit ihren Kindern den Urlaub in der Türkei. Vor Ort erkrankte eines ihrer Kinder an Brechdurchfall, Fieber und Magenkrämpfen, sodass es stationär (Auslandskrankenversicherung im Test) behandelt werden musste. Anschließend erkrankten auch die anderen beiden Kinder. Eine Untersuchung nach dem Urlaub ergab, dass Salmonellen Auslöser für die Erkrankung waren, woraufhin die Urlauberin den Reiseveranstalter zu Schadensersatzleistungen verklagte. Daraufhin erstattete der Veranstalter aus Kulanz zehn Prozent des Reisepreises. Hierbei entschied das Gericht zugunsten des Reiseveranstalters und wies die Klage ab. Schließlich konnte die Urlauberin nicht nachweisen, dass die Erkrankung (Krankenzusatzversicherung im Test) aufgrund mangelnder Hygiene durch verdorbenes Essen hervorgerufen wurde. Zudem waren innerhalb der Urlaubszeit weniger als zehn Prozent von Durchfallerkrankungen betroffen, sodass mangelnde Hygiene nicht bewiesen werden konnte.

Reisepreisminderung bei Fehlen eines Meerblicks

Ein Urlauber hatte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Ibiza gebucht. Im Buchungsverlauf entschloss er sich für ein Hotelzimmer, das einen atemberaubenden Meerblick bieten sollte. Am Hotel angekommen, bekam der Urlauber ein Hotelzimmer mit Blick auf eine große Hauswand. Daher verklagte er seinen Reiseveranstalter auf Minderung des Reisepreises. In diesem Fall hielt das Gericht eine Reisepreisminderung in Höhe von sieben Prozent als angemessen. Immerhin war von dem ausgewählten Zimmer gar kein Meerblick möglich.

Vorgeschriebene Kleiderordnung ist kein Mangel

Albtraum Urlaub: Kleiderordnung

Ein Ehepaar hatte ihren Reiseveranstalter nach ihrem Kreta Urlaub auf Schadensersatz verklagt, weil dem Ehemann aufgrund einer Dreiviertelhose der Zugang zum Speisesaal verwehrt wurde. Zumal im Katalog kein Hinweis auf eine verpflichtende Kleiderordnung gegeben wurde. Das Gericht war unterschiedlicher Auffassung und wies die Klage ab. Dem Urteil zufolge,stellt eine verpflichtende Kleiderordnung im Speisesaal keinen Reisemangel dar. Demnach sollten sich Urlauber, den örtlichen Gegebenheiten anpassen.

Reisepreisminderung wegen defekter Klimaanlage

Eine defekte Klimaanlage berechtigt zur Reisepreisminderung, wenn unerträgliche Temperaturen im Zimmer registriert werden. Hierbei sprach sich das Gericht für einen Preisnachlass von 15 Prozent auf den Gesamtreisepreis aus, da die durchschnittliche Zimmertemperatur während des gesamten Hotelaufenthalts über 30 Grad lag.

Strandnahes Hotel darf höchstens 300 Meter vom Strand entfernt sein

Einem Gerichtsurteil zufolge, darf ein Hotel, das 300 m vom Strand entfernt liegt und durch Überqueren einer Straße zu erreichen ist, nicht als Hotel mit Strandlage angepriesen werden. Haben Urlauber genau ein solches Hotel gebucht, können sie den Reiseveranstalter zum Umzug in ein gleichwertiges und strandnahes Hotel auffordern.

Reisepreisminderung bei Überbuchung

Ein Ehepaar hatte eine Reise nach Malta gebucht. Nach Ankunft am Hotel stellte sich heraus, dass das Hotel bereits ausgebucht war. Dabei haben sie Recht auf anteilige Erstattung des Reisepreises. Bei Bereitstellung einer gleichwertigen Ersatzunterkunft erhalten Urlauber einen Preisnachlass zwischen 10 und 25 Prozent. Wird eine schlechtere Ersatzunterkunft zur Verfügung gestellt, kann eine höhere Erstattung verlangt werden. Sofern das Hotel keine Animation, Pool oder Sportanlage bot, hielten die Gerichte eine Reisepreisminderung von 45 Prozent für angemessen.

Mängel bei der Pauschalreise

Albtraum Urlaub: Mängel der Pauschalreise

Stellt man bei der gebuchten Pauschalreise einige Mängel fest, kann von der Nutzung des Entschädigungsanspruchs Gebrauch gemacht werden. Dieser Entschädigungsanspruch wird nur aktiv, wenn die Mängel bereits im Urlaub hervorgebracht wurden. Darüber hinaus sieht dieses Reiserecht vor, dass dem Reiseveranstalter die Möglichkeit der Hotelumbuchung gegeben wird. Um ihr Recht auf Entschädigung auch durchzusetzen, müssen Urlauber nach ihrer Rückkehr innerhalb von vier Wochen, eine Beschwerde einreichen. Geschieht dies nicht, erlischt der Entschädigungsanspruch. Wer sichergehen will, dass der Mangel auch tatsächlich erstattet wird, sollte ihn durch Fotos oder Videos belegen. Ferner sollte die Beschwerde per Einschreiben und Rückschein verschickt werden.

Onlineportale sind nicht für den Mangel verantwortlich

Internetportale,wie Expedia.de sind lediglich Reisevermittler, nicht aber der eigentliche Reiseveranstalter. Wer seinen Urlaub über ein solches Portal bucht, kann keinen Entschädigungsanspruch durchsetzen. Im Falle von Reklamationen wendet man sich umgehend an die Unterkunft oder das jeweilige Transportunternehmen. Anders sieht der Sachverhalt aus, wenn die Buchung über klassische Reiseanbieter wie TUI, Neckermann oder FTI abgeschlossen wurde. Hier wird der Entschädigungsanspruch aktiv.

Mängelanzeige am besten schriftlich einreichen

Damit ein Rechtsanspruch durchgesetzt werden kann, müssen Urlauber den Mangel bereits vor Ort zur Anzeige bringen. Zur Einhaltung der Formvorschriften erfolgt die Anzeige am besten schriftlich mit angehängten Fotos zur Klärung der Beweislage. Nach Rückkehr sollte innerhalb von vier Wochen die Minderung des Reisepreises verlangt werden. Im besten Fall fordert man einen konkreten Betrag, der sich an den gerichtlich durchgesetzten Prozentsätzen orientiert.

Die Einschaltung eines Anwalts als letzten Ausweg

Albtraum Urlaub: Einschaltung eines Anwalts

Verweigert der Reiseveranstalter nach eingereichter Mängelanzeige noch immer die Schadensersatzleistung, muss professionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Hierzu kann man sich an die Verbraucherschutzzentrale wenden, die sich um den Schriftverkehr mit dem Unternehmen kümmert. Im Gegensatz dazu, kann auch ein, auf Reiserecht spezialisierter, Rechtsanwalt beauftragt werden. Ist man im Besitz einer Rechtsschutzversicherung (Rechtsschutzversicherung im Test) sollte im Vorfeld geklärt werden, welche Kosten sie zur Klärung des Rechtsstreits übernimmt.

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Fazit

Entpuppt sich der langersehnte Urlaub als totaler Flop, sollte man diese Enttäuschung keinesfalls auf sich sitzen lassen. Hierbei gilt es den Mangel, bereits zu Anfang des Urlaubs zur Anzeige zu bringen. Auf diese Weise sichert man sich den späteren Entschädigungsanspruch. Wer bei der Mängelanzeige sichergehen will, dass sein Anspruch auch durchgesetzt wird, sollte die Mängel mit Fotos oder Videos widerlegen.